Enthüllung der Gedenktafel für die Zwangsarbeiter des Bezirksamts Wilmersdorf am 20. August 2021 vor Wilhelmsaue 40

Ankündigung und Bericht

Ankündigung der Enthüllung
Nach einem ersten Bericht über Zwangsarbeit während der NS-Zeit im Bezirk, erschienen im Januar 2015,  findet sechseinhalb Jahre später nun die Enthüllung der offiziellen Gedenktafel am Ort des Lagers statt. Sie tritt an die Stelle der provisorischen Tafel, die im Dezember 2017 von privater Seite eingeweiht wurde (weitere Informationen siehe hier).  

Die Tafel des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf weist darauf hin, daß hier insgesamt über 50 Zwangsarbeiter aus Polen, Jugoslawien, der Tschecholowakei, Frankreich und den Niederlanden untergebracht waren, die u.a. zur Trümmerbeseitigung eingesetzt wurden. Sie schließt mit dem Satz “Zwangsarbeit war Teil der national-sozialistischen Kriegswirtschaft und im Berliner Alltag unübersehbar.” Beigefügt ist Bildmaterial.

Zur Enthüllung werden reden:
Frau Hansen, Vorsitzende der bezirklichen Gedenktafelkommission
Frau Schmitt-Schmelz, Bezirksstadträtin für Kultur
Frau Dr. Glauning, Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit der Topographie des Terrors
Herr Dr. Pagenstecher, Historiker.

Bericht über die Veranstaltung am 20.8.2021
Es nahmen an die 30 Menschen an der Enthüllung der Gedenktafel teil. Die abschließende Rede hielt der Historiker Cord Pagenstecher. Zunächst beschrieb er anhand von Briefen des ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters Józef R. die Arbeit, die dieser, noch minderjährig, und die anderen zu leisten hatten (siehe seinen Brief vom 11.11.1989). Weiter schrieb Józef R.: „Ich bin jetzt ein 60-jähriger, sehr kranker Mann und die ärgsten Folgen trage ich die ganzen Jahre in meiner Psyche. Bis heute schrecke ich in der Nacht auf, in Schweiß gebadet, träume und sehe vor meinen Augen die endlosen Bombenangriffe, Sirenen und Schreie …“ Als er 1994 starb, hatte er die erst 55 Jahre nach Kriegsende im Jahr 2000 beschlossene Zwangsarbeiter-„Entschädigung“* nicht mehr erlebt. Pagenstecher wies darauf hin, daß viel zu lange sich niemand für das Schicksal der Zwangsarbeiter interessiert habe, daß Dokumente entsorgt und nicht Zeitzeugen gesucht worden seien, obwohl mehr noch als andere nationalsozialistische Massenverbrechen die Zwangsarbeit direkt vor jedermanns Haustür stattgefunden habe und die Zwangsarbeiter Teil der alltäglichen Berliner Kriegsgesellschaft gewesen seien, auch wenn sie nicht zur „Volksgemeinschaft“ gehört hätten. Er schloß mit einer Feststellung des damaligen Wilmersdorfer Bürgermeisters Horst Dohm (CDU) aus dem Jahr 1992: „ Ohne die Mitarbeit der Kommunalverwaltung hätte der Nationalsozialismus seine menschenverachtenden Ziele nicht in die Tat umsetzen können.“
In ihren Einleitungsworten zur Veranstaltung hatte die Kulturstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) bereits erklärt, daß das Bezirksamt mit dieser Gedenktafel historische Verantwortung übernehme; und sie hatte auf die Notwendigkeit des Erinnerns hingewiesen: „Jeder Ort, den wir schaffen, der Gedenken ermöglicht, ist ein Lernort.

WEITERE INFORMATIONEN zur Entstehung der Gedenktafel: für die Zeit von Januar 2015 bis Januar 2020 und dann ab Januar 2020 verstreut auf dieser Seite.
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* Zwischen 2001 und 2007 erhielt nur ein Teil der da noch lebenden Zwangsarbeiter eine einmalige Zahlung zwischen 500 und 7.700 Euro ; Näheres siehe hier.

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