Am Sonnabend, den 9. Dezember fand unter der Beteiligung von drei Dutzend Bürgern die Enthüllung einer provisorischen Gedenktafel in der Wilhelmsaue 40 statt. Diese Tafel erinnert an das Lager für die ehemaligen Zwangsarbeiter des Bezirksamtes Wilmersdorf an dieser Stelle.
Die Berliner Geschichtswerkstatt (BGW) hatte die Feier ausgerichtet und wurde dabei unterstützt vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit der Topographie des Terrors und vom Aktiven Museum. Kurze Ansprachen hielten Herr Karwelat (BGW) und Frau Dr. Glauning (Leiterin des Dokumentationszentrums).
Seit drei Jahre wissen die politisch Verantwortlichen im Bezirk von der Notwendigkeit, daß den Tausenden von ehemaligen Zwangsarbeitern im Bezirk eine Erinnerung geschaffen werden muß. Die drei Jahre haben diese Verantwortlichen – also vor allem die SPD mit Unterstützung der CDU – jedoch genutzt, um zu bestreiten, daß das Bezirksamt Wilmersdorf je ein Zwangsarbeiterlager betrieb und daß das Lager auf keinen Fall in der Wilhelmsaue 40 lag. Sie haben dies getan trotz der eindeutigen Dokumentenlage. Der Bezirksbürgermeister hatte in der Sitzung der Gedenktafelkommission vom Februar 2016 die Linie vorgegeben, als er behauptete, sein NS-Amtsvorgänger sei doch nur „der verlängerte Arm der Gauleitung“ gewesen – was wohl soviel heißt wie: nicht für sein Tun verantwortlich.
Gleichzeitig haben dieselben politisch Verantwortlichen es in diesen drei Jahre vermieden, in irgendeiner Weise an irgendeiner anderen Stelle im Bezirk auch nur das kleinste bißchen für die Erinnerung an die Zwangsarbeiter in Gang zu setzen, z.B. für die des Bezirksamtes Charlottenburg in der Schule in der heutigen Nithackstraße.
NS-Deutschland hätte den Krieg nie – und schon gar nicht sechs Jahre lang – führen können ohne Zwangsarbeiter – also Menschen, die gezwungen wurden, für den Staat zu arbeiten, der ihr eigenes Land unterjochte. Wenn man dies bedenkt, kann man nur entsetzt sein, wie geschichtsvergessen die politisch Verantwortlichen dieses Bezirks aus SPD und CDU sind und welchen Mangel an Mitgefühl für die Leiden der Zwangsarbeiter sie bisher gezeigt haben – weil es offenbar nicht in ihr Bild von der City West paßt, daß die NS-Amtsvorgänger des heutigen Bezirksbürgermeisters dort Herren über Zwangsarbeiterlager waren?
Die Enthüllung einer provisorischen Gedenktafel erinnert die politisch Verantwortlichen, allen voran den Bezirksbürgermeister, daran, daß es 73 Jahre nach Kriegsende Zeit ist, endlich historische Verantwortung zu übernehmen, was in den Worten von Frau Dr. Glauning bedeutet, „dass wir nicht für das verantwortlich sind, was war, aber dafür, wie wir heute damit umgehen“. Daher soll das Bezirksamt an die Stelle dieser Gedenktafel umgehend eine eigene setzen – hier und auch in Charlottenburg. Und dabei nicht vergessen: Ein Gedenken gehört an den tatsächlichen Ort eines Ereignisses, nicht aber an einen beliebigen „zentralen Standort“, wie es augenblicklich der Kulturstadträtin und der Mehrheit der BVV vorschwebt.
Unter der Überschrift: „Das mühsame Erinnern an Zwangsarbeiter – Neue Gedenktafel in Wilmersdorf enthüllt“ schreibt dazu der „Tagesspiegel“ am 10.12.2017: