Wenn man durch die Galerien geht, wird offensichtlich, daß realistische Malerei nicht so en vogue ist. Und Tiere schon gar nicht im Mittelpunkt stehen. Beides trifft jedoch auf POGO zu. Er nutzt seine künstlerischen Fähigkeiten, um mit Bleistift und Pinsel für die Tierwelt einzutreten. Damit hat er sich einen Namen gemacht, und das unter einem Künstlernamen, der vor Jahren aus der Falschschreibung seines Vornamens Peer-Gero entstand.
Berufsfindung: etwas mit Tieren …
Im Januar war POGOs Hund Sylvester gestorben. Er hatte ihn aus dem Tierheim geholt. „Seidem war Sylvester immer im Atelier dabei und hat mitgearbeitet. Und wenn ich mit ihm Gassi ging, konnte ich mich gut entspannen und darüber nachdenken, woran ich als nächstes arbeite. Als Kind hatte ich keinen eigenen Hund, aber die Nachbarn hatten einen, mit dem ich gespielt habe oder Gassi gegangen bin. Bei einem Zoobesuch habe ich dann einmal auf der Reiteranlage gesehen, wie andere Kinder den Reitbetrieb organisert haben. So wurde ich mit elf dort ebenfalls während der Ferien Pferde- und Kutschenführer und bin es geblieben, bis ich 18, 19 war. Ich lernte reiten und saß manchmal sechs Stunden lang auf dem Pferd. Als es dann soweit war, mich für einen Beruf zu entscheiden, bin ich doch nicht Tierpfleger geworden, denn der Zoo erschien mir wie ein Gefängnis für Tiere. Immerhin hat sich seitdem dort einiges geändert mit den modernen Zoos. Tierarzt kam für mich auch nicht infrage, denn letztlich kam es mir darauf an, für ein besseres Leben der Tiere einzutreten, das heißt für mich, politisch Druck auf die Parteien auszuüben.
Schon im Kindergarten hatte es mir gefallen, mit Wachsstiften zu zeichnen und kleine Bildhauerarbeiten aus Holz anzufertigen. Daher hoffte ich mit Malerei etwas für die Tiere zu erreichen und ging auf die Hochschule der Künste (heute UdK). Dort studierte bei Prof. Jürgen Spohn Grafikdesign und freie Malerei. Allerdings mußte ich mich für meine Themen Tiere und Tieranatomie bei ihm starkmachen. In meiner Abschlußarbeit von 1976 habe ich dann ein Buch zur Tieranatomie vorgelegt, übrigens das erste seit 1952, mit Zeichnungen auf Transparentpapier, die übereinandergelegt zeigen, wie die Organe im Verhältnis zum Skelett im Körper angeordnet sind. Prof. Jürgen Spohn bestärkte mich besonders, was das Zeichen betraf: ‚Immer dran arbeiten! Fingerfertigkeit gewinnen und durch tägliches Üben erhalten!‘ Seitdem ist der Bleistift eines meiner wichtigsten Werkzeuge, auch für großformatige Arbeiten. Ich fange normalerweise mit einem harten Stift an, etwa mit 4H, und arbeite immer weiter in die Tiefe und Dunkelheit mit bis zu 7B-Stiften.“*
Drei Mitstreiter für Tierrechte
POGO setzt sein zeichnerisches Talent für Tierrechte und Artenschutz, gegen Massentierhaltung und Tierversuche ein. Drei Mitstreiter sind ihm dabei besonders wichtig. Da ist zum einen Paul Watson, der 1977 die Sea Shepherd Conservation Society gründete. Er kämpfte zwischen 1980 und 2010 für den Schutz von Meerestieren mit ‚direkten‘ Aktionen, was auch die Zerstörung von Netzen, Befreiung von illegal gefangenen Blauflossen-Thunfischen und Versenkung von Walfängerbooten einschloß. Paul Watson geriet dadurch auf polizeiliche Fahndungslisten und in die Presse. „Er hat viele Menschen aufgerüttelt und dafür motiviert, den Schutz von Delphinen zu unterstützen. Leider habe ich ihn nie persönlich kennengelernt.“ Hierher gehört das Bild „Zerstörer kommen von hinten“ von 1991. Es zeigt im Hintergrund Walfänger mit ihren Ferngläsern, auf der Suche nach Walen. „Der Beluga ist der künstlerischen Freiheit geschuldet.“
Eine weitere Mitstreiterin ist Sina Walden. Sie ist Fernsehautorin (unter anderem von Ehen vor Gericht und Das Fernsehgericht tagt), hat über Tierrechte das Buch Endzeit für Tiere. Ein Aufruf zu ihrer Befreiung geschrieben und unterstützt andere Tierrechtler journalistisch, darunter auch POGO (siehe weiter unten).
Und schließlich Barbara Rütting, Schauspielerin, Autorin von u.a. Kochbüchern und einem Bericht über ihre Zeit als grüne Abgeordnete im Bayerischen Landtag, eine Zeit, die mit ihrem Parteiaustritt endete. „Wir haben jahrzehntelang gut zusammengearbeitet für den Tierschutz.“ Zu dieser Zusammenarbeit gehören Illustrationen für zwei ihrer Bücher, erschienen 1985 und 2010, und gemeinsame Aktivitäten wie Protestmärsche in Bremen und Berlin, ein Auftritt beim Kirchentag 2010 und 2005 die Teilnahme an einer Gruppenausstellung im Bayerischen Landtag, dem Maximilianeum. Auch dort hat er seine Tierbilder gezeigt, die sich sehr vom Tierbild der Werbewelt unterscheiden.
POGOs künstlerischer Beitrag für die Rechte der Tiere
Ein sehr großes deutsches Handelsunternehmen wirbt seit einiger Zeit an seinen Fleischtheken mit Prospekten, in denen es seinen Einsatz „für noch mehr Tierwohl“ unterstreicht und drauf hinweist, daß es bei seinen bäuerlichen Vertragspartnern auf die Einhaltung der „Haltungsstufe 3“** achte. POGO kann darin nichts Positives sehen: „Das geht völlig daneben. Im Prospekt sieht man Kühe auf der Weide, aber da kommen sie kaum je hin. Auf einem anderen Bild sind Puten zu sehen. Für Puten gibt es aber bisher noch nicht einmal diese vier Stufen. Alle Bilder zeigen weiße Tiere. Das soll dem Kunden Sauberkeit, Ordnung und Appetitlichkeit suggerieren.“
Sina Walden spricht in Ihrem Beitrag zu POGOs Malerei*** Punkte an, die bei Betrachtung seiner Bilder ins Auge fallen, zum Beispiel bei „Frieda“, der Bleistiftzeichnung einer Kuh. Sina Walden weist darauf hin, daß POGO „die Tiere vom Rand ins Zentrum stellt. ‚Schlachtvieh‘ ist nicht länger anonym, es ist die Kuh, die dich anschaut. Der Gorilla im Zuchthaus Zoo, der Delphin im Netz, die Ratte im Versuch, sie haben Augen und schauen dich an. Mit scheinbar fotorealistischer Genauigkeit, mit perfekter Technik gestaltet er seine Bilder.“ POGO bekräftigt: „Ich gebe den Tieren Namen, da sie keine Massenartikel sind, sondern selbstbestimmte Lebewesen, den Menschen gleichberechtigt.“ Dabei arbeitet er auch mithilfe von Fotografien, eine Technik, die er ebenfalls bei Jürgen Spohn während seines Studiums kennengelernt hatte.
Die Menschen und ihre Welt erscheinen, wenn überhaupt, nur am Rand oder im Hintergrund, wie auch in der Zeichnung „Großstadtlichter“ von 2014. POGO erläutert Anlaß und Zweck dieses Bildes so: „Urbanisierung ist die wichtigste Ursache für das Schwinden der biologischen Vielfalt. Gleichzeitig entsteht in den Städten eine artenreiche Stadtnatur. Die Wildnis drängt sich auch in die Metropole Berlin. Durch zunehmende Bebauung und Versiegelung wird der gemeinsame Lebensraum von Mensch und Tier enger. Die Konkurrenz um die letzten Freiräume nimmt zu. Geben wir den Tieren Raum!“
Die Entgrenzung menschlicher Lebensräume und deren Auswirkung auf die Natur und ihre Geschöpfe ist auch das Thema von „Story of Broken Tail“. „Mich hatte ein Fernsehfilm dazu inspiriert, in dem Ranger in Indien einen Tiger beobachteten, den sie wegen seines gebrochenen Schwanzes ‚Broken Tail‘ nannten. Eines Tages verschwand er, und erst nach langer Suche fanden sie ihn tot wieder, von einem Zug überfahren.“
Neuland im Wendland
Um als Künstler zu wirken, braucht es Ausstellungsmöglichkeiten. Eine auch für POGO wichtige war die Kommunale Galerie am Hohenzollerndamm, die der Wilmersdorfer Kunstamtsleiter Udo Christoffel von ihrer Gründung im Jahr 1974 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2004 leitete. Er hatte die Galerie „in erster Linie zu einem Forum für Realistische Kunst und Künstler in Berlin entwickelt“, wie es die damalige Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen bei seiner Verabschiedung ausdrückte. Seit seinem Tod im Jahr 2007 und mit der Neuorientierung der Galerie gibt es dort für diese Kunstrichtung keinen Platz mehr. Aber auch POGO hat andere Ausstellungsorte gefunden. Neuerdings gehören dazu auch solche im Wendland, also im östlichen Niedersachsen zwischen Lüneburger Heide und Elbe. Nach Abschluß dieses Interviews Ende Februar vollzog er seinen Umzug von Wilmersdorf dorthin. „Seit ein paar Jahren hatten wir uns als Touristen im Kreisgebiet umgesehen und nach einem Ort zum Leben und Arbeiten gesucht. Meine Frau sagte: ‚Ich habe mich in das Wendland verliebt.‘ Hier können wir kulturell arbeiten. Ich wünsche meinen gleichaltrigen Kollegen und Kolleginnen viel Kraft für Berlin!“
Dieser Beitrag erschien zuerst im April-Heft 2023 von KiezWilmersdorf.
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* Die Härtegrade von Bleistiften reichen von „besonders extra hart“ (6H) über HB bis „extra weich und sehr tief schwarz“ (8B).
** Die vier Haltungsstufen heißen „Stallhaltung“, „Stallhaltung plus“, „Außenklima“ und „Premium“.
*** Aus dem Katalog seiner Ausstellung in der Kommunalen Galerie 1991.