Wilmersdorfer Kinoszene – Teil 2: Savoy-Filmtheater

In einem früheren Text und in diesem werden zwei Kinos in Wilmersdorf vorgestellt, die es nicht mehr gibt, von denen aber noch Spuren vorhanden sind. Zu einem knappen Überblick über die Entwicklung seiner Kinoszene (einschl. der Ortsteile Schmargendorf, Grunewald und Halensee) zwischen 1910 und heute siehe dort.

Das Savoy – einst eines der größten Westberliner Kinos 

1945 gab es auf der Blissestraße gegenüber der Einmündung der Hildegardstraße eine vier Häuser lange Kriegslücke. 1957 baute Herr Lehmann sen. dort (Nr. 36) ein Kino, das Savoy, das zunächst isoliert da stand.
Das Savoy gehörte damals mit seinen 651 Plätzen zu den größten Kinos Westberlins. Es gehörte auch zu den modernsten, da es mit Cinemascope ausgestattet war und ein Raumklang-System hatte mit Lautsprechern auf allen vier Seiten. Kassenknüller waren Monumental- und Sandalenfilme wie Quo vadis?, Das Gewand, Die zehn Gebote und Ben Hur, der Leinwandnackedeifilm Liane, das Mädchen aus dem Urwald und natürlich Die Brücke am Kwai (mit diesem unsäglich schneidigen River-Kwai-Marsch, auch als Klingelton erhältlich). Ein Schild an der Kasse versprach: “Ostbewohner ermäßigte Eintrittspreise”.
Das Savoy zeigte allerdings nur sieben Jahre lang Filme, von 1957 bis 1964. Dann erwies es sich als unrentabel, und Herr Lehmann sen. konzentrierte sich auf seine weiteren Kinos in Zehlendorf, darunter das Capitol. Seitdem werden im einstigen Kino Lebensmittel verkauft, zunächst unter dem Namen Reichelt, jetzt Edeka.

Heute sieht dieses Stück Straße sehr anders aus: Das Haus rechts vom ehemaligen Kino entstand 1960, das links 1965, allerdings zunächst nur dreigeschossig. Es wurde – zusammen mit dem früheren Kino – 1995 aufgestockt. Dadurch erklären sich die vier der Edeka-Fassade vorgelagerten Stützen: die Decke des Kinosaals hätte nämlich die zusätzlichen Stockwerke nicht tragen können. Man griff deshalb auf die Technik des Umgebindehauses, wie man es z.B. noch in der Oberlausitz findet, zurück. Auf diese Weise lasten die drei obersten Geschosse auf den Stützen und nicht auf den beiden Geschossen des ehemaligen Kinos.
Hinter den Fenstern zwischen den mittleren Stützen im ersten Stock war der Vorführraum, links und rechts davon Aufenthaltsräume und Toiletten. An der Rückseite des Edeka-Verkaufsraums (vom Hof aus gut erkennbar) kann man noch die Abschlußwand des Saals erkennen: leicht konvex gebogen, wie die Leinwand damals, um die Breitwandfilme unverzerrt zeigen zu können.

Anmerkung:
Die Ausführungen zur Wilmersdorfer Kinoszene orientieren sich an der Zusammenstellung in allekinos.com. Ergänzend können Interessierte auch die sehr ausführlichen Darstellungen von Wikipedia heranziehen. Beide Listen divergieren gelegentlich.

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