Wie das Bezirksamt nicht um den Erhalt von preiswertem Wohnraum kämpft – am Beispiel von Berliner Straße 137

Im November 2015 ließ die Firma Project Immobilien das Haus Berliner Straße 137 (unter dem Namen „Uhlandstraße 103“) abreißen. Die Umstände, wie es zu diesem Abriß kam, werfen einige Fragen auf.

Die Firma Project Immobilien besitzt mehrere Grundstücke in Wilmersdorf: Blissestraße 24 a (25 Eigentumswohnungen), Durlacher Straße 2 (280 im Endausbau), Prinzregentenstraße 11 (25). Im März 2015 war das Grundstück Berliner Straße 137 hinzugekommen. Dort sollen 58 Eigentumswohnungen entstehen. Dumm nur, daß das Grundstück in der Berliner Straße mit einem Haus aus den 60er Jahren bebaut ist – oder besser: war (vgl. Tagesspiegel vom 21.11.2015).

Die Umstände, wie es dann zum Abriß kam, werfen einige Fragen auf – wobei die Tatsachen dem Beschluß des Berliner Verwaltungsgerichts vom 15.10.2015 (VG 1 L 317.15 – siehe PDF-Dokument) entnommen sind:

1. Das Wohnhaus stand seit 2011 leer: Was hatte das Bezirksamt gegen den Leerstand von mindestens vier Jahren getan?

2. Am 28.05.2014 erteilte das Bezirksamt eine „positive Mitteilung nach § 63 Bauordnung Berlin für die Errichtung eines Geschäfts- und Wohnhauses“ an Project Immobilien: Wieso genehmigte das Bezirksamt den Abriß des Hauses mit den 15 preiswerten Wohnungen? Und wieso kam das Bezirksamt erst über ein Jahr später, am 06.07.2015, zu der Einsicht, daß der Abriß „eine Zweckentfremdung darstelle“, und verbot ihn?

3. Die Firma Project Immobilien legte dagegen Widerspruch ein „unter Vorlage eines Schadstoffgutachtens“, womit sie belegen wollte, daß es sich hier nicht (mehr) um „Wohnraum“ handle: Warum ist das Bezirksamt dem „nicht substantiiert entgegengetreten“?

4. Die Firma Project Immobilien widersprach sich selbst, stellte das Gericht fest, indem sie einerseits behauptete, das Haus sei abbruchreif, andererseits aber eine Kalkulation für eine Sanierung vorlegte. Des weiteren erklärte das Gericht, es „kann nicht abschließend festgestellt werden“, ob „die Kosten der Sanierung die zu erwartenden Mieteinnahmen bei einer Zehnjahresbetrachtung übersteigen würden“: Warum hat das Bezirksamt dies nicht aufgegriffen in einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß Hausbesitzer erst ihr Haus verkommen lassen, um sich dann darauf zu berufen, die Sanierung sei zu teuer? Warum hat das Bezirksamt auf die Beschwerde verzichtet mit dem Argument, daß „in  Auswertung des ergangenen Urteils [Hervorh. v. mir] die  Erhaltung des Wohnraums höchstwahrscheinlich nicht durchsetzbar“ sei – obwohl der Beschluß nichts dergleichen hergibt?

5. Das Gericht behauptete, die geplanten Eigentumswohnungen seien eine „gleichwertige Ersatzleistung“ für die preiswerten Mietwohnungen – bei einem m²-Preis zwischen 4.563 € und 5.537€!: Warum war das für das Bezirksamt kein Grund, diesen inakzeptablen Beschluß anzufechten? Oder anders gefragt: Warum hat das Bezirksamt, indem es darauf verzichtete, so der weiteren Beseitigung von preiswertem Wohnraum zugunsten von hochpreisigen Eigentumswohnungen auf Ebene der Gerichte Tor und Tür geöffnet?

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