Flag Football

Sicher wird es Protest geben, wenn behauptet wird, American Football sei eine Randsportart. Allerdings stehen den 7,1 Millionen in Vereinen organisierten deutschen Fußballern nur ein Hundertstel an American-Football-Spielern gegenüber. Das will die NFL ändern und ihren Sport in den nächsten 10–15 Jahren zum Mannschaftssport Nummer zwei in Deutschland machen. Erreichen will sie das über die Verbreitung der eigenständig gewordenen Variante Flag Football. Doch zunächst kurz zu American Football, da er dessen Grundlage bildet.

American Football

An beiden Enden des Spielfeldes liegt eine Goalline, an die sich eine Endzone anschließt. Die Spieler eines Teams können beliebig oft ausgewechselt werden; im Grunde besteht jedes Team aus zwei Mannschaften, einer für den Angriff, einer für die Verteidigung – Offense und Defense –, außerdem noch aus Spezialisten für bestimmte Spielzüge. Da American Football ein ‚Kollisionssport‘ ist, tragen die Spieler eine Schutzausrüstung, zu der Helm, Gesichts- und Mundschutz, Polster für Schulter, Brust und Oberschenkel und einiges mehr gehören.
Football besteht aus einer Folge von einzelnen Spielzügen, die nur 5–15 Sekunden dauern, bis abgepfiffen wird. Über die Einhaltung des ausgeklügelten Regelwerks wachen bis zu acht Schiedsrichter. Einen Spielzug kann nur die Offense machen. Ziel ist es, den eiförmigen Ball über die Goalline des Gegners zu bringen, was Touchdown genannt wird und sechs Punkte einbringt. Den dazu nötigen Raumgewinn erzielt die Offense, indem die Spieler den Ball nach vorn tragen oder Mitspielern zuwerfen. Die Defense versucht das zu verhindern, indem sie z.B. den ballführenden Spieler festhält und zu Boden wirft. Das wird Tackle genannt, und dabei ist eine Menge Gewalt am Werke; deshalb die umfangreiche Schutzausrüstung, die jedoch nicht immer gegen Verletzungen schützt.

Flag Football entsteht

Dies war der Grund, warum in den 1940er Jahren in den USA eine Variante für das Training und dann auch für den Schulsport entstand: Flag Football. Hier ist jeder Körperkontakt verboten, also kein Blocken, Halten, Tackle. Stattdessen muß eine der Flaggen, die an den Hüften der Spieler angebracht sind, abgerissen werden, wodurch der laufende Spielzug beendet wird. Die Flaggen dürfen nicht verteidigt werden. Flag Football ist im Laufe der Jahre zu einer selbständigen Sportart geworden, die nicht mehr nur von Jugendlichen und Frauen betrieben wird. Wenn es nach der NFL geht, soll sie im Sommer 2028 bei der Heimolympiade in Los Angeles in das olympische Programm aufgenommen werden.

Flag Football

Um mehr zu erfahren, habe ich mich an die Berlin Kobras, einen American-Football-Verein mit Flag-Football-Abteilung, gewandt und Sandra Langer, die als 3. Vorsitzende für die Jugendabteilung verantwortlich ist, gefragt, für wen dieser Sport infrage kommt. „Bei Flag Football kann eigentlich jeder mitspielen, der auch Fangen spielen kann. Egal, wie alt, ob klein oder groß, übergewichtig oder schlank jemand ist, für jeden gibt es eine Position in der Mannschaft. Da jeder Spielzug ziemlich kurz ist, muß man schnell reagieren und wendig sein und außerdem gut werfen und fangen können. Das ist ein ‚Explosionssport‘. Und wichtig: es ist ein sehr disziplinierter Sport. Entscheidend ist, im Team zusammenzuwirken und sich an die eingeübten Spielzüge zu halten. Taktik und Geschwindigkeit machen Flag Football aus.“ Da Football viel taktischer als Fußball ist, nennt man es auch ‚Rasenschach‘.
Der 1. Vorsitzende Siegfried Spohn erklärt einige der wesentlichsten Flag-Football-Regeln: „Im Prinzip gelten dieselben wie bei American Football, aber eben kontaktfrei. Alles ist ein bißchen kleiner. Das Spielfeld ist nur 45 m lang und 22 m breit. International durchgesetzt hat sich, daß jede Mannschaft fünf Spieler auf dem Feld hat, auch gemischt Männer und Frauen. Gespielt wird zweimal 20 Minuten. Die Mannschaft in der Offense hat vier Versuche, um von ihrer 5-Yard-Linie bis zur Mittellinie zu kommen, und hat sie das geschafft, vier weitere bis zur gegnerischen Goalline. Zu Beginn eines Versuchs erhält der Quarterback den Ball vom vor ihm stehenden Center zugeworfen und entscheidet über den Spielzug. Ein Versuch ist unter anderem dann beendet, wenn der Ball den Boden berührt oder dem Ballträger eine Flagge entrissen wird. Für den Touchdown gibt es hier ebenfalls 6 Punkte.“

Sportorganisatorisches

2002 fand die erste WM in Flag Football statt, 2003 die erste EM. Der Sport verbreitet sich allmählich auch in Deutschland. Seit 2016 gibt es eine Liga, in der mehr als 40 Teams jedes Jahr um die Deutsche Meisterschaft kämpfen. Zur Zeit wird Flag Football deutschlandweit in fast 300 Freizeitteams und im Rahmen der American-Football-Abteilungen von Vereinen gespielt. Einer davon sind die Berlin Kobras, 1987 gegründet. Sie sind Pro Sport Berlin 24 angeschlossen. „Die sind wie unsere Mutti und erledigen für uns das Organisatorische“, erläutert Sandra Langer. „Wir haben circa 220 Mitglieder. Von denen spielen 12 Flag Football in einer Erwachsenenmannschaft und 18 in einer Kindermannschaft. Zur Zeit führt unser Football-Verband deutschlandweit an Schulen eine Aktion durch, um unseren Sport populär zu machen. Sie heißt ‚Flag macht Schule‘ und wird vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gefördert. Es gibt auch schon eine Berliner Schülermeisterschaft, die School Flag.“ Es versteht sich von selbst, daß der Verein die Aktivitäten der NFL unterstützt.

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