Vier Naturschutzverbände fordern vom zukünftigen Senat: Kein Geld mehr zu Lasten von Grünflächen!

Die Berliner Woche stellt in ihrer Wilmersdorf-Ausgabe vom 6. November (und elektronisch) den umgestalteten Olivaer Platz vor und findet viele zeitgemäß lobende Worte, darunter: vielfältig, stadtklimafest, hitzeverträglich. Allerdings zeigt ein beigefügtes Foto eine das ganze Bild ausfüllende reine Rasenfläche mit mehreren schadhaften Stellen. Des weiteren unterstreicht der Text die „inklusiven Angebote für jede Altersgruppen. Von Spielflächen bis hin zu den verschiedensten Angeboten zum Verweilen und Erholen ist alles dabei.“ Und zwei verantwortliche Politiker werden zitiert: der „mit dem Ergebnis zufriedene“ Bezirksbaustadtrat O. Schruoffeneger (Grüne) und Stadtentwicklungssenator S. Scheel (Linkspartei), der „sich freut, dass der Olivaer Platz mit Hilfe von rund 4,8 Millionen Euro aus Mitteln der Städtebauförderung umgestaltet wurde.“

Die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V. (BLN), der NABU Landesverband Berlin, die NaturFreunde Berlin und das Berliner Netzwerks für Grünzüge („Grünzüge für Berlin“) jedoch können sich – ganz im Widerspruch zu den beiden Politikern – darüber gar nicht freuen; in ihrer am 2. November veröffentlichten gemeinsamen Presseerklärung sagen sie:

Kein Geld mehr für die falsche Sache! Naturschutzverbände fordern Finanzierungsstopp für Infrastrukturmaßnahmen auf Kosten der Berliner Grünflächen.

Die vier Naturschutzverbände beklagen:

Überall in Berlin werden öffentliche Grünflächen, Parks seitens der Bezirke mit Einrichtungen bebaut und zersiedelt, die auch anderswo entstehen könnten: Spiel- und Sportplätze, Schulen, Kitas, Erlebniswelten, Gastronomie. Die öffentlichen Grünflächen als Naturerholungsraum, aber auch als Refugium der Artenvielfalt in unserer Stadt, werden immer weiter dezimiert.

Als besonders auffällig in dieser Beziehung sehen sie den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, der 2020 eine Kindertagesstätte in den Volkspark Jungfernheide hineinbaute sowie 2021 im Preußenpark eine provisorische Marktplattform für einen Street-Food-Markt eröffnete und darüber hinaus im nur 55.000 m² großen Park ein Multifunktionsgebäude, eine erweiterte dauerhafte Marktplattform, einen Erlebnisspielplatz und Sporteinrichtungen zu errichten plant.

Gleichzeitig werden die letzten größeren innerstädtischen unversiegelten Flächen immer weiter versiegelt, obwohl Berlins Wasserwerke die Grundwasserbildung anmahnen und die ‚Schwammstadt‘ in aller Munde ist.

Der Senatsverwaltung halten die vier Naturschutzverbände vor, diese Bezirksprojekte fast immer (mit)zufinanzieren:

Für unsere städtischen Parks stellen öffentliche Mittel paradoxerweise inzwischen die größte Gefahr dar. Ausgerechnet die existentiellen Flächen, die sich immer mehr Menschen teilen müssen, sollen nun weichen für Einrichtungen, die oft nur für Wenige oder nur für bestimmte Gruppen von Nutzen sind.

Daher fordern die vier Naturschutzverbände in ihrer Erklärung die zukünftigen Koalitionsparteien SPD, Grüne und Linkspartei auf,

dem Griff auf die Grünflächen einen Riegel vorzuschieben und zu vereinbaren, dass der Senat keine Infrastrukturprojekte in Parks und öffentlichen Grünflächen unterstützt und vor allem auch nicht länger finanziert.

9 Kommentare zu „Vier Naturschutzverbände fordern vom zukünftigen Senat: Kein Geld mehr zu Lasten von Grünflächen!“

  1. BVV Vorsteherin verweigert die Annahme einer Einwohnerfrage !!!

    Heute wurde meine Einwohnerfrage vom BVV Büro mit der Begründung abgelehnt,sie wäre zu spät eingereicht worden – obwohl auf der BVV-November-Einladung im Bezirksnetz ausdrücklich der 8.November 2021 genannt wird.

    War die eingereichte Frage zu “heiß” für die BVV Vorsteherin und das BA?

    Anmerkung des Webmasters: Der Kommentator verlinkt nicht nachvollziehbar auf dieses Dokument.
    Meine Bitte an den Kommentator, in einer Antwort auf diesen Kommentar uns das korrekte Dokument zugänglich zu machen oder den Bezug zum verlinkten Dokument zu erläutern.

    Hier die Frage:
    Infrastrukturgebäude in gewidmete Grünflächen?

    • 1. Wird nach der Asphalt Versiegelung großer Flächen des Olivaer Platzes (u.a.Parkplatz), der Integration einer Kita im Volkspark Jungfernheide und entsprechend weiterer Beispiele aus der angeführten Presseerklärung das Bezirksamt diese Entwicklung weiterverfolgen?
    • 2. Glaubt das BA diese Maßnahmen ohne eine weitgehende Informationen und Beteiligung der Einwohnerschaft “durchzuziehen”?
    • 3. Welche Alternativen sieht das BA Grünflächen zu schonen und zu erweitern in Zeiten des Klimawandels?
  2. Die Meinungen zum Olivaer Platz sind nach wie vor sehr unterschiedlich.  Offensichtlich ist aber,  dass er nicht an die Anforderungen des Klimawandels angepasst ist,  denn dazu wurde einfach viel zu viel Fläche versiegelt. 

    Wie dringend die Forderungen der Naturschutzverbände umgesetzt werden müssen, belegen die Planungen für die Neugestaltung des Preußenparks. Würden Sie tatsächlich umgesetzt, so wäre dies wohl das absolute Negativbeispiel für die von den Naturschutzverbänden kritisierte Politik. 
    In dem dicht bebauten Gebiet nördlich des Hohenzollerndamms ist der Preußenpark die einzige zu Fuß oder mit dem Fahrrad schnell erreichbare etwas größere Grün- und Erholungsfläche. In Relation zur Einwohnerzahl ist sie aber ohnehin schon viel zu klein und deshalb einem hohen Nutzungsdruck ausgesetzt. 

    Von dieser Grünfläche soll nun nach den Plänen der BVV noch einmal 
    ein beträchtliches Stück für eine Marktplattform versiegelt und mit einem Mehrzweckgebäude überbaut werden.  Mit dem Markt im Park sollen am Wochenende möglichst viele Besucher in den Park gelockt werden,  was, wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, zu massiven Übernutzungsschäden führt.

    Diese Pläne stehen nun in absolutem Gegensatz zu den Wahlversprechen aller demokratischen Parteien,  sich für den Erhalt und die Ausweitung von Grünflächen im Bezirk einzusetzen,  sondern sie widersprechen allem, was Stadtökologen seit langem für eine Anpassung von Städten für den Klimawandel für erforderlich halten. 

    Besonders unverständlich sind diese Planungen angesichts der Tatsache,  dass im nahen Umfeld auf dem Fehrbelliner Platz und seiner Umgebung reichlich bereits versiegelte Flächen zur Verfügung stehen,  die für Märkte geeignet sind, auf denen ein Streetfood-Market also ohne jegliche Eingriffe in den Park stattfinden könnte.  Warum die BVV dann trotzdem einen Teil der sehr knappen Grünfläche für einen Marktplatz opfern will, kann ich mit rationalen Überlegungen nicht erschließen. 
    Der Preußenpark ist heute noch ein weitgehend naturnaher Park. Er böte also die besten Voraussetzungen,  um mit behutsamer Sanierung mit vergleichsweise deutlich weniger finanziellem Aufwand einen Park zu schaffen,  der tatsächlich den Anforderungen der Anpassung an den Klimawandel genügen würde.  Gleichzeitig würde für die Anwohner im näheren und weiteren Umfeld der wichtige Erholungsraum erhalten bzw. wiederhergestellt und nicht zuletzt auch den Kindern ein Stück Naturerfahrung in der Stadt ermöglicht. 
    Warum die BVV diese Chancen nicht nutzen will,  sondern stattdessen auf einer Planung beharrt,  mehrere Millionen für Versiegelung und Überbauung von dringend benötigter Grünfläche aufzuwenden, obwohl schon vor Umsetzung der Pläne klar ist, dass sie nicht zukunftsfähig sind,  das Geld also quasi exemplarisch für die falschen Maßnahmen verschwendet wird, das wissen wohl nur die, die solche Fehlplanungen entwickeln und durchsetzen.

  3. Berlin verbaut sich seine Zukunft.
    Wenn wir ganz ehrlich mit der aktuellen Situation dieser Stadtentwicklung umgehen, dann müssen wir eingestehen, dass viele Fehler gemacht wurden, die sich auch nicht mit sehr viel Phantasie grün reden lassen.
    Immer schneller verschwindet öffentliches Grün. Wenn z.B. das Ressort Sport und Gesundheit zu viel Geld hat, dann werden schon mal schnell Flächen in Besitz genommen, eingezäunt, bebaut. Da kümmert es niemanden, dass dort vorher Feldhasen u.a. geschützte Arten gelebt haben.

    Der Klimawandel mit all seinen Folgen lässt sich nicht mehr aufhalten. In Berlin wird er sogar forciert. Die Sommer werden im Mittel heißer und trockener. Die fehlende grüne Infrastruktur wird in einigen Stadtteilen dazu führen, dass es sich nicht mehr ganzjährig dort wohnen lässt.
    Die kläglichen Reste der Berliner Stadtnatur werden entweder restlos übernutzt und abgenutzt sein und ihre wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit der Klimaregulierung nicht mehr erfüllen können oder es werden Flächen totgepflegt, eingezäunt und als Museum-Park nur noch einer begrenzen, ausgewählten Zahl von Besuchern zugänglich sein.
    Der steigende Grundwasserverbrauch in Kombination mit der sinkenden Grundwasserneubildung wird sich zuerst bei den Strassenbäumen bemerkbar machen (ist heute bereits sichtbar), in Folge wird es zu Auflagen kommen, die den Wasserverbrauch der Bevölkerung limitieren, denn die Industrie hat aus Sicht der Politik Vorrang.

    Kleine Kinder können ihrem Bewegungsdrang selbst in Parkanlagen kaum noch nachkommen. Es ist zu voll: überall Autos, Fahrräder, E-Roller, Jogger, Baufahrzeuge oder Baugruben, irgendwelche inszenierten Veranstaltungen, Asphaltwege statt grüner Trampelpfade, Fressbuden, Glasscherben u.a. Müll.

    Die wachsende Stadt – eine lebenswerte Stadt?

  4. Herzlichen Dank, lieber Herr Roeder, vielen Dank BERLINER WOCHE für diese tolle Stellungnahme!

    Die Anzeichen dafür, dass der Klimawandel endgültig da ist, sind inzwischen auch in Berlin nicht mehr zu übersehen. Trotzdem will das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf die beschlossene Überplanung des alten Preußenparks mit Hilfe des sogenannten “Masterplans”, der mit einer hohen Versiegelung auf Kosten von Natur- und Artenschutz und Erholung einhergeht, unbeirrt umsetzen. Eine völlig überflüssige Sichtachse zerstört auch noch ein wertvolles Habitat der Singvögel!

    Der Klimawandel ändert alles? Parkplätze zu Parks machen, wie für die letzte Abgeordnetenhauswahl auf zahlreichen Plakaten gefordert, reicht aber nicht aus als Antwort auf die dringenden Fragen unserer Stadt. Der Schutz der Berliner Parks und der artenreichen Wiesen und Wälder sollte absolute Priorität haben. Unsere Parks sind nicht dafür geschaffen worden, immer öfter für neue teure Spiel- und Sportplätze plattgemacht zu machen, um flächenfressende Schwimmbäder wie für den Kienbergpark geplant in den Park hineinzubauen oder um sie, wie im Preußenpark, mit Hilfe eines dreitägigen Streetfoodmarkts zu kommerzialisieren und sie in einen Rummelplatz zu verwandeln.

    Die Entscheidungen für die Umgestaltung des nur 5,5 Hektar großen Preußenparks, die noch vor der Corona-Pandemie getroffen wurden, müssten alle nach der Wahl nochmal auf den Prüfstand! Auch die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig unsere Parks und Wälder für die Gesundheit und unser Wohlbefinden sind und welchen Trost und welche Freude uns Tiere und Bäume spenden!

  5. Vor einiger Zeit hatte ich in der BVV den Stadtrat in einer Einwohnerfrage zum Umbau des Olivaer Platzes um Stellungnahme gebeten.
    Er kasperte – wie so oft – herum, redete an der Sache vorbei.
    Von den Verordneten keine Reaktion.
    Auch von den GRÜN Ideologen nichts.
    Von diesem parlamentarischen Laden  ist nichts zu erwarten – es sei denn die Massen gehen auf die Straße!

  6. Berlin verschläft den Klimawandel!

    Während andere Städte und Gemeinden auf der ganzen Welt den Klimanotstand erklären, wird der Klimaschutz wie diese Beispiel zeigen mit Füßen getreten. Ziel zahlreicher Gemeinden und Städte ist es bis 2030 kohlenstoffrei zu werden. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen. Und es sollte meiner Meinung alles getan werdem, um die Erwärmung unter 1,5°C zu begrenzen. Scheinbar hat unsere Senatsverwaltung noch nicht verstanden, dass dies nur mit Maßnahmen zu erreichen ist, die mit dem Erhalt von Grünpflanzen einher gehen. Nur durch die Erhöhung der Anzahl von Grünflächen und mitgesunden Straßenbäumen kann den viel zu hohen CO2-Emissionen begegnet werden. Sie tragen außerdem dazu bei, das die Stadt im Klimawandel nicht am Hitzekollaps stirbt. Es müssten also mehr Flächen entsiegelt, statt bebaut werden. Und damit die Straßenbäume genug Nährstoffe und Wasser bekommen, sollten auch die Baumscheiben vergrößert werden. Die Parks sollten eher aufgeforstet und mit Blick auf den Erhalt der Artenvielfalt, artenreicher gestaltet sein, statt mit toten Rasenflächen. Bei Baumbepflanzungen könnten Schulklassenprojekte oder andere Initiativen unterstützend tätig werden.

  7. Es sind ja gerade nicht die Grünen Ideologen, die in Wilmersdorf die Versiegelung und Überbauung von Parkflächen betreiben,  sondern Mitglieder aller Parteien der BVV unter Federführung eines angeblich grünen Baustadtrats.  Nach den bisherigen Plänen sind allerdings die Mitglieder der Grünen in der BVV hieran führend beteiligt. Sie handeln hier ganz offensichtlich nach dem Motto: Lass die auf der Bundes- und Landesebene doch reden und mit ihren Wahlversprechen möglichst viele Wähler anlocken.  Für uns zählt ganz anderes. Die Frage ist nur: Was?

    In einem weitgehend versiegelten Umfeld wie dem Fehrbelliner Platz,  wo reichlich versiegelte Fläche vorhanden ist, einen Teil der ohnehin äußerst knappen Grünfläche zu versiegeln,  Bäume und andere Vegetation zu entfernen,  um Platz für einen Markt zu schaffen, damit möglichst viele Besucher am Wochenende in den Park kommen und die Übernutzung mit allen negativen Folgen verstärken, heute noch eine solche Politik zu  betreiben,  hätte ich eigentlich keiner der demokratischen Parteien zugetraut.

    Allen die sich näher über das Thema informieren wollen, empfehle ich die Seite Initiative-Preußenpark.de

  8. Ich stimme den Mitbürger*innen voll zu. Neben der Beeinträchtigung in den Bereichen desArten- und Biotopschutzes, des Stadtklimas, der Grundwasserneubildung wird hier m.E. auch die vielfältige Aufenthalts- und Nutzungsqualität beschädigt. Der Olivaer Platz ist ein erschreckendes Beispiel: steril, in seiner Übersichtlichkeit komplett reizlos, gestalterisch kalt und unwirtlich. Die Nutzer*innen sind zudem den Immissionen und der Häßlichkeit der angrenzenden Hauptverkehrsstraßen mangels Randbepflanzung schutzlos ausgeliefert.
    Noch wird der Preussenpark auf ganz unterschiedliche Weise von den unterschiedlichsten Menschen genutzt. Ein echter Volkspark im klassischen Sinne!
    Hier wird der tolerante Umgang mit Vielfalt (Diversity) erprobt und gelebt. Ich denke, dazu trägt gerade die “Unaufgeräumtheit” des Parks mit seinen sehr unterschiedlich gestalteten Ecken und Räumen bei.
    Diese Qualität sehe ich massiv gefährdet, wenn auch hier wieder ein “übersichtlicher”, durchgestylter Park realisiert wird (keine “Angsträume”, keine “ungepflegten” Bereiche, genaue Zuordnung von Nutzungen oder vermuteten Zielgruppen zu bestimmten Flächen/Elementen).
    Neben dem ökonomischen Aspekt, dass mit der Umgestaltung Geld verdient wird und dem politischen, dass das BA zeigt, dass es “was tut”, frage ich mich, welche psychische Verfasstheit eigentlich hinter dem Bedürfnis steckt, derartige Freiflächen zu schaffen.

    1. Um Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich meinen letzten Satz noch erklären:
      Eine Möglichkeit, die ich sehe ist, dass die zugrunde liegenden, tieferen Motive auch etwas mit menschlichen Bedürfnissen wie “Kontrolle”, “Orientierung”, “Struktur, Ordnung” zu tun haben und möglicherweise mit der Angst, die entsteht, wenn diese Bedürfnisse (in unserer Gesellschaft / im Leben) als nicht ausreichend erfüllt wahrgenommen werden.

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