Gratulation, Fraktion der Linkspartei.
Sie sind im Parlament angekommen!
Ihre Pressemitteilung (PM) vom 1. März 2018 zu Ihrem Abstimmungsverhalten in der Februar-BVV, womit Sie BzStR Schruoffeneger die Haut gerettet haben, bestätigt es. Allein die Tatsache, daß Sie überhaupt dazu eine PM herausgaben, deutet noch an, daß Sie das Gefühl, sich zwischen zwei Wahlen vor den Wählern rechtfertigen zu müssen, noch nicht ganz überwunden haben. Aber das kommt noch, und Ihre PM macht deutlich, daß Sie auf dem bestem Weg dahin sind. Also nochmals: Gratulation! Sie hatten es ja auch nicht so leicht als „Links“partei.
Schon in der ersten Zeile der PM, wo Sie von einer „rot-grün-rote Mehrheit“ sprechen, machen Sie klar, daß Sie die SPD-Grünpartei-Zählgemeinschaft nicht nur „tolerieren“, sondern sich ihr eng verbunden fühlen – jedenfalls wesentlich enger, als Ihrem eigenen Wahlprogramm, wo Sie im fernen 2016 schrieben, Sie wollten „eine echte Einmischung von Bürger*innen beim kommunalpolitischen Entscheidungsprozess unterstützen“. Aber das ist der Gang aller Parteien, wenn sie ganz oben mitmachen dürfen; nach der Grünpartei sind Sie jetzt dran.[*]
Herr Fraktionsvorsitzender,
können Sie sich noch erinnern, als ich Sie im vergangenen Herbst auf diesen Passus hinwies und daß jetzt die Chance zur Umsetzung gekommen sei – nachdem Hunderte von Bürgern gegen zwei Bebauungsplanentwürfe (2009, 2016) Widerspruch eingelegt, nachdem 2300 Bürger mit einem Einwohnerantrag (2014) die BVV zur Diskussion gezwungen und nachdem fast 5000 Bürger in einer Online-Petition (2017) für den Erhalt des Olivaer Platzes votiert hatten? Und können Sie sich noch an Ihre Antwort erinnern? Zahlen allein seien nicht wichtig, die Gegenseite habe doch auch gute Ideen, und außerdem habe man sich in der Fraktion noch nicht entschieden, man brauche noch ein Gutachten. Dreimal hatten Sie sich auf diese Weise um eine klaren Antwort gedrückt.
Ebenso im Dezember, als ich Sie für eine Publikation um eine kurze und klare Stellungnahme zum Olivaer Platz bat: Mehr als Ihre Anfrage, bis wann die Stellungnahme fertig sein solle und wie lang, kam nicht – insbesondere keine klare Stellungnahme!
Genauso ist es auch bei dieser PM – dafür aber juristische Spitzfindigkeiten, die nur einem Insider, also einem Mitglied der politischen Klasse wie Ihnen selbst, verständlich sind. Dabei geht es doch um eine so einfache Sache: Soll der Olivaer Platz umgepflügt werden, wie SPD und Grünpartei es sich in den Kopf gesetzt haben, oder soll der ganz überwiegende Wille der Anwohner und Bürger gelten (und dabei über anderthalb Mio. Euro für andere Anliegen gespart werden)?
Fraktion der Linkspartei,
Sie sind wohl ein bißchen erschrocken darüber, wie in Öffentlichkeit und Presse auf den Beginn der Zerstörung des Olivaer Platzes reagiert wurde. Schon verständlich, daß Sie es nicht gewesen sein wollen. Dann kommt eben solche eine verdruckste PM dabei heraus. Aber das ändert nichts an einer weiteren einfachen Sache: Taten sprechen deutlicher als Worte, besonders wenn sie so nebulös sind.
Ihr Versuch, sich nicht festzulegen, um später daran nicht gemessen werden und sich absetzen zu können von dem Schaden, den Sie angerichtet haben, ist mißlungen. Solch eine Partei braucht die Mehrheit der Bürger nicht – nur als Mehrheitsbeschaffer von SPD und Grünpartei sind Sie auf diese Weise nützlich.
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* Erinnern Sie sich nur an Ihre Parteigenossen, die Anfang des Jahrtausends auf Senatsebene zusammen mit Wowereit über 100.000 Wohnungen aus dem Besitz städtischer Wohnbaugesellschaften verkauften. Die Wohnungen sind jetzt zu einem Großteil bei der Deutschen Wohnen, einem Ableger der Deutschen Bank, gelandet. Prima gemacht. [zurück]
Sehr geehrter Herr Roeder,
da wie so oft bei der Diskussion um den Olivaer Platze alles auf den Tisch kommt, antworte ich Ihnen gerne nicht weniger ausführlich und fange bei unserer Entscheidung Ende vergangenen Jahres an.
Unsere Entscheidung für eine Fortsetzung der Umgestaltung ist seit der BVV-Sitzung am 14. Dezember 2017 sowie der darauffolgenden ausführlichen Pressemitteilung vom 22. Dezember hinreichend bekannt. Wir sind für die Umgestaltung des Olivaer Platzes, da sie dringend notwendig ist und demokratisch unter Beteiligung von Befürworter*innen und Gegner*innen, Expert*innen und früheren Fraktionen am Runden Tisch entschieden wurde. Für eine alternative Umgestaltung gibt es einige Vorschläge, für ihre Finanzierung keinen einzigen!
Sie haben Recht – Ihre Beiträge in der Berliner Woche wollten wir vor der Behandlung in der BVV im Dezember 2017 nicht beantworten. Warum haben wir Ihnen aber keineswegs verschwiegen. Nachdem im Antrag der FDP im September 2017 gefordert wurde, das Bebauungsplanverfahren einzustellen, wollte unsere Fraktion schlicht mehr Zeit, u.a. zur Beratung im Ausschuss für Stadtentwicklung. Denn die Entscheidung, nicht nur unserer Fraktion, war auch mit einem zu dieser Zeit laufenden Gutachten verbunden, dass die Realisierbarkeit des geplanten Spielplatzes auf dem Olivaer Platz betraf. Dieser ist ein beizubehaltender Schwerpunkt vor allem des Kinder- und Jugendparlamentes, das sich an der Planung beteiligte. Deswegen und auch wegen anderer offener Fragen, wie dem geplanten Baumersatz, den damals noch nicht veröffentlichten Baumgutachten und der Gestaltung der Versiegelungsflächen konnten und wollten wir keine Entscheidung fällen, bevor weitere Gespräche geführt wären und Anträge Antworten auf Probleme ermöglichten.
Folglich informierte sich unsere Fraktion über den Zustand der Bäume, die in der ersten Bauphase gefällt werden sollten und über die Möglichkeit, die Baumfällungen insgesamt zu reduzieren. Daraus resultierte der Antrag der Linksfraktion zur Sicherung der langfristig höheren Quantität und Qualität von Baumneupflanzungen (vgl. „Nachhaltige Gestaltung des Baumbestandes am Olivaer Platz“). Dieser wurde mehrheitlich angenommen – gegen die Stimmen der Gegner*innen der Umgestaltung!
Ein weiterer Antrag der Linksfraktion gewährleistet umweltfreundliche Versiegelungsflächen zugunsten einer besseren Versickerung und Vegetation auf dem Olivaer Platz (vgl. “Umweltfreundliche Versiegelungsflächen auf dem Olivaer Platz“). Auch dieser Antrag wurde vor allem durch die Mehrheit von LINKE, SPD und Grünen beschlossen, jedoch ohne die Unterstützung der Gegner*innen.
Als beinahe einzige Fraktion, die die Anliegen von Kritiker*innen auch nach dem Runden Tisch aufgriff und thematisierte, wie die der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V., können wir nach wie vor unsere Zustimmung vertreten, da wir Bedingungen an sie stellen. Denn wir erwarten auch, dass Entscheidungen, insbesondere der Kompromiss zwischen Gegner*innen und Befürworter*innen, getragen werden und Formen der Mitbestimmung, wie des KJP am Spielplatz nicht unter die Räder kommen, weil Parkplätze für Autos wichtiger sein sollen als Spiel- und Grünflächen für die Stadtbevölkerung! Am wenigsten aber haben wir dafür Verständnis, wie die Diskussion um vermeintliche Alternativen wie eine „sanfte Sanierung“ geführt werden. Denn die zur Umgestaltung unentbehrlichen Fördergelder wären mit dem Jahreswechsel 2017/2018 verfallen, hätte sie der Bezirk nicht noch im Dezember für die zuvor geplanten Maßnahmen abgerufen. Insofern waren und sind Alternativen nicht finanzierbar, wenn sie nicht aus neuen Fördermitteln gewährleistet werden. Hierzu brachte niemand einen Vorschlag.
Zur Missbilligung und Ihrer Kritik an unserer Pressemitteilung will ich Sie fragen, warum Sie in der Überschrift plakativ in Bezug auf uns schreiben: „…Wir waren es nicht!“? Das Gegenteil ist doch der Fall! In der Mitteilung erklären wir bewusst und nicht zufällig, wie wir abstimmten und warum.
Selbstverständlich erklären wir die Gründe, warum unsere Fraktion die von FDP und CDU geforderte Missbilligung der Amtsführung von Bezirksstadtrat Schruoffeneger nicht unterstützte! Fragwürdig wäre doch eher, wenn wir diese Entscheidung nicht öffentlich darstellen. Sie selbst verlangen Informationen von den Fraktionen – wir haben sie Ihnen und allen andere Interessierten gegeben.
In der BVV und in der Mitteilung legten wir dar, warum die Linksfraktion die intransparente Politik des Bezirksstadtrats kritisiert, aber nicht missbilligt. Der Fraktionsvorsitzende Niklas Schenker erklärte vor den missbilligenden Fraktionen gleichermaßen wie vor der Zählgemeinschaft deutlich, dass es verlässlicher Informationen und Transparenz bedarf, umso mehr Politik in der Kritik steht.
Eine Missbilligung innerhalb nur eines Tages prüfen zu können, sich aber auf die gesamte Amtszeit auswirken zu lassen, unterstützen wir jedoch nicht. Es sind nicht „juristischen Spitzfindigkeiten“, die wir bemühen, sondern das Gesetz, das Bedingungen für eine Missbilligung formuliert. Da nach wie vor unklar ist, ob eine Missbilligung in diesem Fall rechtlich tragbar wäre, kritisiert unsere Fraktion die Informations- und Beteiligungspolitik des Bezirksstadtrats, missbilligt deswegen aber nicht automatisch seine Amtsführung.
Um das Problem fehlender Informationen sich nicht wiederholen zu lassen, haben wir zur kommenden BVV einen Antrag eingebracht (vgl. „Offene Karten am Olivaer Platz“). Auch die Linksfraktion ist nicht dazu bereit, die Entwicklungen nur zu beobachten und einfach hinzunehmen. Wir wollen aber die Chance zur Finanzierung einer notwendigen Neugestaltung nutzen, die sich als bisher einzige in vielen Jahren der Vernachlässigung des Platzes ergeben hat.
Annetta Juckel, Fraktionsvorsitzende DIE LINKE. in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf
Sehr geehrte Frau Juckel,
Ihre ausführliche Entgegnung auf den Artikel von Herrn Roeder enthält leider einige Ausführungen, die nicht unkommentiert bleiben dürfen.
So schreiben Sie mehrfach, dass der heutige Umbau „demokratisch … am Runden Tisch entschieden wurde“.
„Runde Tische“ entstanden als basisdemokratische Einrichtungen in der Endphase des realen Sozialismus – von der Basis kommend und in jeder Hinsicht demokratisch und offen.
Der „Runde Tisch“ zum Olivaer Platz wurde von der SPD angeregt, die auch durch die Auswahl der Einladungen dafür sorgte, dass die Befürworter eine satte Mehrheit hatten. Und es wurde unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutiert – das ist wohl das Gegenteil von demokratisch.
Und wenn Sie schreiben, dass Sie sich über den Zustand der Bäume informierten, die „in der ersten Bauphase“ gefällt werden sollten, so ist das doch zuerst eine vernichtende Kritik an den Teilnehmern des „Runden Tisches“: Dort wurde offenbar ohne Detailbetrachtung dem Umsägen von über 60 überwiegend gesunden Bäumen zugestimmt. Der BLN (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz, zu dem auch der BUND gehört) wartet noch heute auf seine (mehrfach angemahnte) Antwort auf seine Schreiben von 2016 und 2017, in dem kritische Fragen zu den Baumfällarbeiten gestellt werden. Im Übrigen wurden in der sog. 1. Bauphase, entgegen der Ankündigung, nicht nur 11 Bäume gefällt, sondern mindestens doppelt so viele.
Es liegt nach unserer Kenntnis ein Gutachten zu 11 Bäumen vor. Der BUND sah nur einige Bäume wegen mangelnder Standfestigkeit als so geschädigt an, dass eine Fällung vertretbar schien. Zu jedem zu fällenden Baum sollte außerdem lt. Auslegungsbegründung des B-Plans vom 28.4. 2016 ein ornithologisches Gutachten erstellt werden, auch das ist ausgeblieben.
Zum anderen verweisen Sie auf den geplanten „Baumersatz“ und übernehmen damit leider die vorsätzlich täuschen wollende Stamm-Zählerei der Umbau-Befürworter. Ein neu gepflanzter Baum ist in der ökologischen Wirkung einem gesunden 40 bis 60 Jahre alten Baum nicht gleichwertig.
Weiterhin wurde vom Bezirk zugegeben, dass durchaus nicht alle Ersatz-Bäume direkt auf dem Platz gepflanzt werden sollen, sondern auch „in den angrenzenden Straßen“.
Die Öko-Bilanz des Platzes wird sich daher auf Jahrzehnte verschlechtern.
Bei der Betonung der „umweltfreundlichen Versiegelung“ übersehen Sie offenbar, dass der Nutzen von weniger Versiegelung von der Beschaffenheit des Untergrundes abhängt: Bei felsigem Untergrund ist weniger Versiegelung nützlich, beim Berliner Sandboden mit örtlich bereits heute zu hohem Grundwasserspiegel ist weniger Versiegelung sinnfrei.
Und unter dem früher bebauten Parkplatz befindet sich heute mit Schadstoffen belasteter Trümmerschutt. In der Vorlage zum Bebauungsplan 4-42 wird ausdrücklich auf Gefahren für das Grundwasser verwiesen, sofern die versiegelte Fläche des Parkplatzes aufgebrochen wird. Es ist nicht zu erkennen, dass die erheblichen Kosten für einen Bodenaustausch in der Kalkulation enthalten sind.
Und genauso ist die immer noch geplante breite Promenade an der Südseite des Platzes zu hinterfragen. Wer soll denn dort warum „flanieren“? Doch nur diejenigen, die bisher dort ihre Hunde ausführten und dies später wieder tun werden.
An keiner Stelle Ihrer Antwort gehen Sie auf den unstrittigen Verlust an Qualität ein: Auch wenn Herr Rehwaldt hier und da Alibi-Büsche und Beete plant: Der umgebaute Platz wird weniger Blüten als Nahrung für Insekten und weniger Büsche mit geschützten Nistplätzen und im Herbst weniger Früchte als Nahrung für Vögel haben. Der nicht nur wunderschöne sondern auch Ruhe- und Nistplatz bietende Blauregen sowohl in der Mitte des Platzes wie auch am nordwestlichen Eingang zum Park wurde abgeholzt. Haben sie hinterfragt, ob hierzu Gutachten vorliegen, die eine Vernichtung dieser Ruheplätze zulassen?
Die auslaufende Mit-Finanzierung durch das Programm „Aktive Zentren“ ist korrekt – aber die Folgerung, dass dann gar keine Mittel zum Umbau zur Verfügung stehen nicht. Der Anteil des Landes Berlin muß im Haushalt vorgehalten sein und eine Umwidmung auf Renovierung wäre möglich gewesen – sofern der politische Wille da gewesen wäre.
Monika Trieselmann, Bürgerinitiative Olivaer Platz e. V.