Der Preußenpark am Fehrbelliner Platz entstand 1904 und hat bis 1949 in mehreren Schritten seine heutige Größe und Gestalt erhalten. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat Pläne, den Park umfassend umzubauen, was sowohl die sogenannte„Thaiwiese“ betrifft als auch die übrigen Bereiche des Parks. Aber auch Bürger und Umweltverbände haben Pläne.
Wie der Park entstand
Heutzutage ist der Preußenpark mit seinen 55.000 m² nach Wikipedia der 84größte Park im Land Berlin. Als der Park 1904 als „Platz D“ angelegt wurde, stand dem Gartenbauarchitekten Richard Thieme jedoch zunächst nur ein Drittel der heutigen Fläche für seine Planung zur Verfügung. Die Einschränkung ergab sich durch die bis zur Brandenburgischen Straße durchlaufende Bayerische Straße (im Entwurf von 1904 rechts oben). Erst ab 1920 stand nach Süden und nach Osten mehr Platz zur Verfügung, nachdem endgültig der Plan aufgegeben war, am Fehrbelliner Platz ein neues Rathaus für das rasch wachsende Wilmersdorf zu bauen. Gründe dafür waren der Erste Weltkrieg, dann die Bildung von Groß-Berlin und damit das Endes von Wilmersdorf als selbständiger Stadt. Richard Thieme war in den Jahren von 1920 bis 1925 erneut der Planer. Sein Entwurf war diesmal wesentlich strenger, dominiert von der großen Liegewiese im Norden und einer breiten Hauptachse mittig auf den Fehrbelliner Platz zu.
rechts: Luftbild Preußenpark 1928 (Bildquelle Wikipedia Preußenpark gemeinfrei)
In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre kam die gesamte Restfläche bis zur Württembergischen Straße zum Park hinzu. Richard Thieme plante zum dritten Mal, und diesmal konnte 1938 ein Preußenpark eingeweiht werden, der mit gewundenen Wegen und naturnaher Gestaltung in etwa so aussah, wie wir ihn heutzutage kennen. Der größte Unterschied im Vergleich zu 1938 ist der Trümmerberg auf seiner Ostseite, der 1949 aufgeworfen wurde. Insgesamt ist festzuhalten, daß der Preußenpark in seiner heutigen Gestalt auf eine über 80jährige Kontinuität zurückblicken kann.
Wie der Park nach den Plänen des Bezirksamts zukünftig aussehen soll
Im Laufe der 1990er Jahre hatte sich die Liegewiese zum Treffpunkt von Ostasiaten entwickelt, darunter vorwiegend Thailänder. Aus diesem Zusammensein entstand ein Speiseverkauf, der jahrelang behördlich geduldet wurde. Die Kontroverse über diesen Zustand führte im August 2018 zu einem Beschluß der Bezirksverordnetenversammlung mit dem Ziel, eine „Thaiwiese mit Zukunft“ zu schaffen. Zu diesem Zweck solle eine „Umgestaltung des Preußenparks unter Berücksichtigung der zukünftigen Nutzung“ stattfinden. Ausgehend hiervon legte das Bezirksamt im Februar 2021 der Öffentlichkeit ein Baukonzept vor, das den gesamten Park umfaßt und vier „Bausteinen“ hat: I Hangspielplatz – II Umgestaltung Bestandpark – III Neuanlage Markt und Multifunktionsgebäude – und schon außerhalb des Parks: IV Entree Süd. Außerdem eröffnete das Bezirksamt im August 2021 eine neu geschaffene, provisorische Marktfläche auf einem Segment der Liegewiese und genehmigte dort von April bis Oktober den Speiseverkauf von freitags bis sonntags.
Das Baukonzept wird in etwa – das Bezirksamt ist insofern nicht deutlich – zu folgenden Veränderungen im Park führen: Im nordöstlichen Teil des Parks, an der Pommerschen Straße, soll ein Spielplatz entstehen (Baustein I), bestehend aus zwei Bereichen für Buddeln, Schaukeln, Balancieren, mit einer „Hangrutsche“ darin, sowie mit einem „Matschbereich“ bzw. Wasserspielplatz. Bisher befinden sich hier Sträucher, Bäume und ein Kiosk. Gegenüber, entlang der Brandenburgischen Straße, liegt Baustein III mit Marktplattform, Multifunktionsgebäude und Entreeplatz. Sie zusammen werden fast die Hälfte der Parkfront zur stark befahrenen Brandenburgischen Straße einnehmen und dem Park dort eine offene Flanke schaffen. Es ist noch nicht bekannt, ob das Multifunktionsgebäude ein- oder zweigeschossig sein wird und für welche „anderen kommunalen Zwecke“ (Bezirksamt) es dienen soll außer die Verkaufsstände unterzustellen und dem Marktbetreiber ein Büro zu bieten. Bei dem Entreeplatz schließlich wird es sich gemäß den Abbildungen in der Präsentation um eine mit Steinplatten belegte Flanierfläche zwischen Straße, Multifunktionsgebäude und Marktplattform handeln.
Aufgrund der vorgesehenen Positionierung des Multifunktionsgebäudes muß der dortige Abenteuerspielplatz ein Stück nach Osten in den Baumbereich verschoben werden. Weitere erkennbare Umgestaltungsmaßnahmen im „Bestandpark“ (Baustein II) sind die Schaffung eines Waldspielplatzes auf halbem Weg zwischen Wiese und Parkcafé und die Umwandlung des Grillplatzes am Südende des Parks in ein „Freiraum-Gym“. Zusammen mit dem bereits bestehenden „Aktivitätsbereich Senioren“ werden am Ende anstelle der jetzt zwei dann fünf Sport- und Spielbereiche innerhalb des durch Marktplattform und Mulitfunktionsgebäude bereits verkleinerten Preußenparks liegen. Abschließend noch zu erwähnen ist die Planung einer steinernen Sitzanlage in Terrassenform mit sechs Stufen im busch- und baumbestandenen Hang südlich vom projektierten Hangspielplatz. Der jetzt an dieser Stelle vorbeiführende leicht gewundene Weg zum Grillplatz wird durch einen (gepflasterten?) schnurgeraden „Baum-Boulevard“ von doppelter Breite ersetzt.
Wie der Park künftig auch aussehen könnte
Wie es oft bei solch umfangreichen Baumaßnahmen der Fall ist, zumal wenn sie mit Kosten von mindestens 11,4 Mio. € verbunden sind, beschäftigen sich auch hier eine Anzahl von Bürgern, organisiert in der Initiative Preußenpark, und mehrere Umweltverbände – siehe unten „Initiativen und Naturschutzverbände“ – mit der Materie. Wir haben uns an Antje Henning gewandt. Sie ist Initiatorin des 2010 gegründeten „Berliner Netzwerks für Grünzüge“.
Was ist ihr Gesamteindruck als ‚Anwältin der Grünflächen‘ vom Vorgehen des Bezirksamtes? „Der Bezirk bedient sich des 117 Jahre alten Parks, um seine sonstigen Zwecke zu verfolgen; Sport- und Spielplätze, Marktplattform geben kein Recht, die ohnehin desolate Grünflächenversorgung der Bevölkerung im nördlichen Wilmersdorf völlig über Bord zu werfen.“
In welchen grundlegenden Punkten kann Ihre Organisation den Umbauplänen nicht zustimmen? „Wir sprechen uns gegen eine Zerstückelung des Parks in verschiedene Nutzerbereiche aus: hier für Kinder, dort für Jugendliche, da für Ältere und an jener Stelle für Thais. Das ist das Gegenteil von Integration, der Bezirk nennt es ‚Trennung von Nutzergruppen‘. Freie öffentliche Grünflächen sind hingegen inklusiv: offen für jeden. Die Einrichtung der Marktplattform macht den winzigen ‚freien Restpark‘ unter Verstoß gegen das Berliner Grünanlagengesetz zur ‚Verzehrfläche‘ und beraubt ihn außerdem seiner Abschirmung gegenüber der 6spurigen Brandenburgischen Straße. Seiner Erholungsfunktion kann der verstümmelte Park nicht mehr gerecht werden. Die Versiegelung des Bodens durch Markt/Gebäude und sonstige Umbauten haben negative Auswirkungen auf die dringend notwendige Neubildung von Grundwasser. Die Verwaltung spricht zwar von ‚Schwammstadt‘, aber tut das Gegenteil. Klima- und Artenschutz werden durch diese Planungen mißachtet.“
Hat Ihre Organisation konkrete Alternativvorschläge? „Wir schlagen vor, den geplanten Markt vor das alte Rathaus am Fehrbelliner Platz zu verlegen, wo an anderen Wochentagen auch bereits ein Streetfoodmarkt stattfindet, in Sichtweite des Parks und direkt an den Ausgängen zweier U-Bahnlinien. Für Sportflächen sollte der Bezirk Kontakt zur Deutschen Rentenversicherung aufnehmen, ob sie das Dach ihres Parkhauses gegenüber vom Park zur Verfügung stellen würde. Die eingeplanten öffentlichen Mittel (darunter auch „Klimamittel“!) sollten für die Aufforstung und für Grünausweitung verwendet werden: Einbeziehung der Brandenburgischen Straße entlang des Parks und Grünverbindung zum Fennpark über die Barstraße.“
Dieser Text erschien zuerst 2022 im April-Heft von KiezWilmersdorf.
Initiativen und Naturschutzverbände:
– Initiative Preußenpark
– Berliner Netzwerk für Grünzüge (Grünzüge für Berlin)
– Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V. (BLN) – Dachverband der Berliner Naturschutzverbände
– NaturFreunde Berlin
– NABU Berlin
Vielen Dank an Herrn Roeder für diesen sehr informativen Artikel über den Park. Der Kritik von Frau Henning an den geplanten Umbaumaßnahmen muss ich als langjährige Einwohnerin des Bezirks leider in allen Punkten zustimmen. Die Pläne entsprechen in allen Punkten Konzepten aus dem letzten Jahrhundert und sind in keiner Weise geeignet, einen Beitrag zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu leisten. Statt die vorhandene Vegetation zu schützen und zu verbessern soll ein weitgehender Kahlschlag und grundlegender Umbau mit Versiegelung und Überbauung der ohnehin für mehrere Zehntausend Anwohner schon viel zu kleinen Grünfläche erfolgen.
Erschreckend ist, dass Landschaftsarchitekten heute immer noch so planen, als ob sie noch nie etwas von Klimawandel und seinen Folgen gehört hätten. Erschreckend ist außerdem, dass die politischen Entscheidungsträger dem einfach folgen und es sogar durch ihre Vorgaben noch befördern. Alle reden von der Notwendigkeit des Erhalts der Grünflächen und zur Zeit werden alle Grundeigentümer aufgefordert, über Entsiegelungsmöglichkeiten nachzudenken, um das Grundwasserreservoir aufzufüllen aber die BVV Charlottenburg- Wilmersdorf engagiert sich für überflüssige Versiegelung und Überbauung.
Sehr informativer Artikel. Mein Eindruck: Das Kästchendenken einer Zweckverwaltung hat einen Horror vor einem freien Gebrauch einer unbestimmten offenen Parklandschaft.