Sehr geehrte Damen und Herren der Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf,
da hatten wir uns also am 5. Januar im Namen weiterer Anwohner von Wilhelmsaue und nächster Umgebung vertrauensvoll an Sie gewandt – also im Vertrauen auf den Wortlaut Ihrer Ankündigungen von vor der Wahl, wie sehr Sie sich für den Ersatz gefällter Straßenbäume einzusetzen gedenken.
Und als die dritte Wochen sich ihrem Ende zuneigte und Ihre Antworten immer noch nicht eingetroffen waren, haben wir uns erinnernd erneut an Sie gewandt und unsere Bitte wiederholt.
Diesmal wurde von drei Fraktionen darauf reagiert, per Email, also für Anwohner und andere Bürger nicht nachlesbar. Das ist leider üblich, im Hinblick auf die ansonsten so gepriesene Transparenz jedoch bedauerlich.
Sehr geehrte Bezirksverordnete von Bündnis 90/Die Grünen,
Sie teilen uns kurz und knapp mit, dass Spenden aus Fraktionsmitteln nicht erlaubt seien, und weisen uns im übrigen auf den Aufruf des Bezirksamtes an die Bürger hin, ihm Orte zur Nachpflanzung zu nennen.
Wir sind enttäuscht, dass Sie unseren Vorschlag so flüchtig gelesen haben, denn dort machen doch bereits wir Sie auf diesen Aufruf aufmerksam! Und außerdem hatten wir Sie doch erkennbar zu einer persönlichen Spende aufgerufen – hatten Sie doch in Ihrer Wahlbroschüre angekündigt: „Die Baumbestände im Bezirk wollen wir möglichst ausweiten.“ (S. 24) Aber dennoch wollen Sie nicht mit einem persönlichen Beispiel vorangehen? Auch nicht, nachdem dieser Bezirk unter einem Amtsleiter aus Ihrer Partei mehr Straßenbäume hat fällen lassen als wieder anpflanzen?
Sehr geehrte Bezirksverordnete der Partei Die Linke,
in Ihrer langen Antwort weisen Sie auf Ihren bisherigen sowie zukünftigen parlamentarischen Einsatz für Baumpflege hin. Da diese zur öffentlichen Daseinsfürsorge gehöre und daher vom Bezirk zu finanzieren sei, halten Sie von Aufrufen des Bezirks an die Bürger zwecks finanzieller Beteiligung nichts. Zum Schluss wünschen Sie uns Anwohnern „gutes Gelingen“.
Natürlich ist die Baumpflege Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge und wären derartige Spendenaufrufe an die Bürger unangebracht. Aber: Haben Sie denn nicht gemerkt, dass hier umgekehrt Bürger zur Baumspende aufrufen? Und zwar Sie als Mitglieder und Funktionsträger einer Partei, die seit 2001 fast durchgehend Regierungspartei im Land ist und daher schon längst für diese Art der Daseinsfürsorge hätte sorgen sollen? Wie können Sie uns da „gutes Gelingen“ wünschen, wenn Sie selbst dazu nichts praktisch beizutragen bereit sind?
Sehr geehrte Bezirksverordnete der FDP,
auch Sie verweisen uns auf diesen Aufruf des Bezirksamtes, den wahrzunehmen wir Ihnen nahegelegt hatten. Im Gegensatz zu den anderen beiden Fraktionen kündigen Sie jedoch eine Beratung über Ihr weiteres Vorgehen „in der nächsten Fraktionssitzung“ an. Die müsste am 31. Januar stattgefunden haben. Bitte teilen Sie uns Anwohnern und allen interessierten Bürgern öffentlich über die Kommentarfunktion das Ergebnis mit! Es kann eigentlich nur zugunsten unseres Vorschlags ausgefallen sein, denn in Ihrem Wahlprogramm verheißen Sie: „Als Freie Demokraten wollen wir … in den nächsten 5 Jahren 1500 Bäume entlang der Straßen des Bezirks pflanzen.“ (S. 13)
Sehr geehrte Bezirksverordnete der SPD, CDU und AfD,
beraten Sie noch? Oder wollen Sie es wortlos bei Ihren Ankündigungen von vor der Wahl belassen?
Sehr geehrte Bezirksverordnete, sehr geehrte Fraktionen,
Ihre Reaktionen auf unseren Vorschlag finden wir beschämend. Allenthalben führen Sie die Bedeutung von Grün für unser Klima im Munde, zum Teil sogar im Namen Ihrer Partei … Und dann sind Sie nicht einmal zu einem persönlichen Einsatz bereit? Zwar haben Sie nichts dagegen, wenn sich Anwohner um Straßenbäume, Grünflächen, Anlagen, Parks kümmern, sie säubern oder bewässern – und verleihen ihnen dafür gegebenenfalls den Ehrenamtspreis. Aber nicht sich selbst ganz konkret kümmern, als Anstoß für den Bezirk? Wobei man nicht vergessen sollte, dass Bezirk oder Senatsverwaltung nichts Abstraktes sind, sondern das sind doch Sie und Ihre Parteikollegen, die die Ämter und Funktionen innehaben und in deren Macht und Willen die Umsetzung von Wahlversprechen liegt.
Daher hier nochmals unsere Anfrage vom 5. Januar: Wie stehen Sie zu der Ihnen vorgeschlagenen Baumspende (als praktischen Schritt zur Umsetzung Ihres Wahlversprechens)? Und wie werden Sie Ihre Wahlversprechen auch bei all den anderen Grünflächen im Bezirk umsetzen (siehe den Kommentar am 5.1.)? Wir bitten um eine zeitnahe Antwort und diesmal als öffentlichen Kommentar unter diesem Brief – und natürlich um die Umsetzung unserer Vorschläge.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Rosenberg
Michael Roeder
Der dritte und letzte Brief an die Bezirksverordneten findet sich hier.