Zeitgeschichte am Straßenrand (3 von 13)

Stationsschild U-Bahnhof Fehrbelliner Platz, Oberer Bahnsteig, 1913
Charlottenburg und Schöneberg waren Wilmersdorfs unmittelbare Konkurrenten beim Anlocken von steuerkräftigen Besserverdienern. Dafür brauchte man eine immer schnellere Verbindung mit Berlin. Am schnellsten war die U-Bahn. Charlottenburg und Schöneberg hatten sie schon, nur nicht Wilmersdorf. Das Problem: Die neue U-Bahnlinie sollte an die Stamm-Linie (Warschauer Brücke-Knie, jetzt Ernst-Reuter-Platz) anschließen, jedoch lag der dafür infrage kommende Bahnhof Wittenbergplatz damals in Charlottenburg. Und Charlottenburg bemühte sich bis 1910 erfolgreich um Ver- oder wenigstens Behinderung der Pläne.
Zunächst führte die U-Bahnlinie zum Fehrbelliner Platz, der das neue Verwaltungszentrum von Wilmersdorf, seit 1906 Stadt, werden sollte, einschließlich neuem Rathaus, das nie gebaut wurde. Es wurde ein prächtiger Bahnhof, prunkvoller als die in Charlottenburg: achteckige, mit Majolika verkleidete Stützen auf dem Mittelbahnsteig, an den Wänden ebenfalls Majolika, die Stationsschilder aus Reliefkacheln zusammengesetzt, der Stationsname in Mosaik, darunter kleinere Reliefs mit Motiven einer Pferdeomnibuslinie, Kassettendecke.
Und wenn man dann im Jahr 1913 die Station verließ – stand man in einer nahezu unbebauten Gegend (genauso spekulativ wie in Charlottenburg, wo man 1908 am Bahnhof Reichskanzlerplatz, jetzt Theodor-Heuss-Platz, ebenfalls im Nichts stand).
Speziell für Charlottenburger: Das erste der großformatigen Zille-Fotos auf dem Bahnsteig Richtung Krumme Lanke zeigt das Freibad am Kochsee. Nie davon gehört? Mehr dazu hier.

Den eindrucksvollsten Bahnhof auf dieser Linie am Heidelberger Platz ehrt sogar eine Briefmarke.

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